Der Torfziegel - Landschaftsgestaltung durch die Missionsbenediktiner

Der Torfziegel stammt aus einem der letzten genutzten Torfstiche bei St. Ottilien.

Die Niedermoore rund um St. Ottilien entstammen dem Jungmoränengebiet des Loisachgletschers, der den gesamten Süden Bayerns bedeckte. Dort schob das abschmelzende Eis nach der Würmeiszeit das Becken des Ammersees aus. Vor ca. 14.000 Jahren entstand ein riesiger See, der eine Fläche vom heutigen Weilheim im Süden bis Grafrath im Norden bedeckte; auch der heutige Pilsensee war noch ein Teil des Sees.

Torf entsteht, wenn stehendes seichtes Wasser sich mit Nährstoffen anreichert und durch abgestorbenes Pflanzenmaterial verlandet. Dieser Prozess geht sehr langsam vor sich - im Durchschnitt nimmt die Torfablagerung in einem Moor pro Jahr um einen Millimeter zu. Im Laufe von Jahrtausenden wuchs die Torfschicht jedoch an vielen Stellen mehrere Meter dick an. Intakte Moore speichern große Mengen an Wasser und Kohlendioxid (CO2) und sind Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen.

Unterschieden wird dabei zwischen Hoch- und Niedermooren, wobei es zahlreiche Übergangsformen gibt. Hochmoore bildeten sich dort, wo sich bei reichlichen Niederschlag, wie z.B. im Alpenvorland, die Niedermoore durch starkes Wachstum von Torfmoos (verschiedene Sphagnum-Arten) uhrglasförmig aus dem Grundwasser herauswölbten. 

Auch im bayerischen Sprachgebrauch wird zwischen Hoch- und Niedermoor unterschieden: "Moos" ist der Ausdruck für ein Niedermoor; Hochmoore werden dagegen als "Filze" bezeichnet, da das Torfmoos im abgestorbenen Zustand Ähnlichkeit mit Filz besitzt.

Rund um St. Ottilien waren aus dem verlandenden Seebecken des Ammersees riesige Niedermoorflächen entstanden. Das Pflaumdorfer Moos erstreckt sich über mehr als 200 ha von St. Ottilien nach Süden fast bis zur A96 und von Pflaumdorf bis kurz vor Eresing. Ebenfalls zu erwähnen sind das Große Mösel (ein Niedermoor mit 18 ha mit Wald-, Offenland- und Kleingewässerflächen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Pflaumdorfer Moos), das Schmelzwassertal nördlich von St. Ottilien und das Emminger Moos nordöstlich von St. Ottilien (begrenzt durch die zwei Bahnlinien im Norden und Westen sowie durch Wald bzw. Anhöhen im Osten und Süden, wo man im Bruchwald noch heute die alten Torfstiche erahnen kann).

Aus den Niedermooren wurde Torf von den Bauern als Brennmaterial, Einstreu im Stall oder zum Verkauf abgebaut. Zur Gewinnung des Torfs wurden die feuchten Moorflächen durch Gräben entwässert, die oberste Torfmoos-Schicht wurde entfernt. 
Dann wurde nacheinander der obenliegende Weißtorf, dann der tiefer liegende Brauntorf in Soden gestochen, zu einem Trockenplatz gebracht und dort luftig gestapelt, bis er trocken war. Der wegen des hohen Brennwertes zuunterst liegende Schwarztorf, der oft nicht genügend entwässert werden konnte, musste oft als Torfschlamm ausgehoben, auf einem ebenen Platz ausgebreitet und mit den Füßen gestampft werden, bis das meiste Wasser herausgepresst war.

Auch die noch junge Gemeinschaft der Missionsbenediktiner erschloss das Moos, als 1886 ein Teil des halb verfallenen Hofguts Emming aufgekauft und zum Stammsitz ausgebaut wurde. 
Br. Michael Hofer, einer der ersten Mönche, die der Gemeinschaft beigetreten waren, schreibt in seinen Lebenserinnerungen: "Zur Beschaffung von Brennmaterial war reichlich Torfboden vorhanden" (Bruder Michael Hofer: Im Dienst und Schutz des Höchsten, S. 61).

Um die Bedürfnisse an Nahrung für die rasch wachsende Gemeinschaft decken zu können, war es jedoch wichtig, die "Ökonomie" (Landwirtschaft) wieder zu ertüchtigen, die brachlag und durch häufigen Besitzerwechsel während vieler Jahrzehnte gelitten hatte. "Eine Hauptaufgabe, die zu lösen war, bildete die rentable Organisation der Ökonomie, besonders die Beschaffung eines guten Viehbestandes und fleißige Kultivierung der Felder und Wiesen. Zur Leitung dieses Unternehmens bediente man sich eines bewährten Ökonomieverwalters, bis das Anfangsstadium der Entwicklung überwunden war." (Hofer, S. 63). 

Im Pflaumdorfer Moos wurde in den 1890er Jahren nach Instandsetzung der Drainage des Fischbachs die Torfausbeute verbessert. Allmählich wurden die "sauren Wiesen" im Pflaumdorfer Moos als Torfabbauflächen erschlossen, die ansässigen Bauern schlossen sich zu Torf-Genossenschaften zusammen, nachdem die Mönche sie vom Wert der Torfkultur überzeugt hatten. 
So wurde das bis dahin kaum nutzbare Moorgebiet mit einer Gesamtfläche von 300 ha erschlossen. Bedingt durch die enormen Investitionen, die für den Bau der Klostergebäude erforderlich waren, ging der Ausbau auf den Flächen des Klosters jedoch zunächst nur langsam voran.

Nach Abschluss der Torfausbeute wendeten die Mönche die sog. "Schwarzkultur" an, d.h. der Resttorf wurde ohne Bodenverbesserung ca. 10 Jahre lang mithilfe von Ochsengespannen gepflügt, bis sich der Torf soweit zersetzt hatte, dass ein Anbau möglich war. Neben Wiesenland wurden Kartoffeln, Runkelrüben und Karotten angebaut.

Der stark verlandete Emminger Weiher zwischen dem Bahnhof Geltendorf und St. Ottilien, der eine Größe von 99 Tagwerk hatte (1 Tagwerk = 3407 qm), wurde 1916 mithilfe von russischen Kriegsgefangenen trockengelegt, die in Geltendorf untergebracht waren. 

Torf war vor allem während und nach den beiden Weltkriegen begehrtes Brennmaterial. Anfang der 1920er Jahre wurden in Eresing und St. Ottilien jährlich über 2 Mio. Soden Torf gestochen. Erst Ende der 1980er Jahre gab der letzte Bauer im Pflaumdorfer Moos das Torstechen auf. 

 

Quellen: 

Bruder Michael Hofer: Im Dienst und Schutz des Höchsten, EOS 1978
Landsberger Geschichtsblätter, 105. Jg. 2006, s. 53 ff.: Helge Latte / Walter Meier, Geschichte der Feldbahnen im Landkreis Landsberg am Lech
Landsberger Geschichtsblätter, 99./100. Jg. 2000/2001, s. 106 ff.: Walter Meier, Mensch und Moor. Entstehung und Nutzung der Moore im Landkreis Landsberg.