RESTITUTIONSKONZEPT
Die klassischen Aufgaben unseres Museums werden seit einigen Jahren erweitert durch die Diskussion zum Umgang mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten.
Nach intensiver Beschäftigung mit dem Rapport sur la restitution de patrimoine culturel africain von Bénédicte Savoy / Felwine Sarr, der Literatur und weiteren Quellen entstand ein Restitutionskonzept für das Museum, das seit seiner Erstveröffentlichung (Mai 2019) kontinuierlich geschärft und an die aktuelle Diskussion angepasst wird.
Standards
Die Museumsleitung orientiert sich in ihrer Arbeit am Leitfaden des Deutschen Museumsbunds zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten.
Wir verpflichten uns der 2020 von der Staatsministerin für Kultur und Medien, den Kulturminister*innen, Kultursenator*innen und Vertreter*innen der kommunalen Spitzenverbände vereinbarten 3-Wege-Strategie, deren langfristiges Ziel die digitale Bereitstellung der Objektbestände europäischer Museen zur Einsichtnahme für die Herkunftskulturen ist.
Ferner unterstützen wir die Position der Heidelberger Stellungnahme, einer Selbstverpflichtung von 26 großen deutschsprachigen ethnologischen Museen, die Provenienzforschung, Transparenz und Dialog betont.
Selbstverständnis
Das Museum versteht die Bewahrung der Objekte in Treuhänderschaft als wichtige Aufgabe, besonders dort, wo Objekte in den Herkunftskulturen bereits verschwunden sind. Dies steht für uns jedoch nicht im Widerspruch zu Restitution bzw. Repatriierung. Wir sind der Überzeugung, dass Kulturgut als globales Erbe der Menschheit in der Verantwortung aller steht, und auch zirkulieren darf.
Interkultureller Dialog kann den "europäischen Blick" auf die Fremde relativieren und verhindern, dass Rückgaben nach europäischen Konditionen erfolgen, nicht nach denen der Herkunftsländer.
Die Leitung des Museums hat sich daher für eine Strategie der Offenheit entschieden, die es den Herkunftsgesellschaften ermöglicht, über den Zeitpunkt von Kontakt und Kooperation selbst zu entscheiden.
Wir als Museumsleiter beobachten die Diskussion in den Herkunftsländern aktiv und signalisieren Offenheit und Dialogbereitschaft. Wir wollen die Perspektive der Herkunftsgesellschaften hören und verstehen, welche Antworten sie suchen. Nur so können wir im Dialog mit den Nachfahren der Besitzer nach Lösungen zur Bewahrung und Präsentation der Kulturgüter finden.
Wir begrüßen den Prozess zur Restitution von Objekten aus internationalen Museen an die Herkunftsgesellschaften. Vor allem aber wünschen wir uns, dass sich über das museale Umfeld hinaus in den source communities ein breites Bewusstsein für die eigene alte Kultur und ihre Schätze entwickelt.
Eckpunkte zur Rückgabe
> Wir sind offen für Rückgaben, insbesondere, wenn es sich um Objekte handelt, die für eine Herkunftsgesellschaft große kulturelle, emotionale oder wissenschaftliche Bedeutung haben.
> Eine Restitution erfolgt an die Regierung souveräner Staaten, die dann bei Bedarf im Sinne einzelner Ethnien entscheiden kann.
> Wir begrüßen ausdrücklich die Zusammenarbeit mit Museen oder Institutionen aus Herkunftsgesellschaften als Möglichkeit zum Dialog und zur Kooperation.
> Für wertvolle Objekte, die zurückgeführt werden, empfehlen wir dem Empfängerland, wenn möglich Repliken zu erstellen, um die Objekte in ihrer Funktion als "Kulturbotschafter" auch weiterhin den Besuchern zugänglich zu machen.
> Wir bieten den Museen in den Herkunftsländern bei Bedarf beratende Unterstützung zur Aufbewahrung und Präsentation der rückgeführten Objekte.
Anfragen zur Restitution von Objekten richten Sie an die Museumsleitung oder an die Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, mit der wir zusammenarbeiten.