DIE AFRIKA-SAMMLUNG

Der 1884 neu gegründeten Gemeinschaft der Missionsbenediktiner wurde vom Vatikan als Tätigkeitsgebiet der Südteil des damaligen Deutsch-Ostafrika zugewiesen. 1887 brachen die ersten Mönche von St. Ottilien nach Daressalam auf. Mehrere Missionsstationen wurden gegründet, jedoch erzeugte die rigide Administration des deutschen Schutzgebiets verständlicherweise Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung, die sich u.a. im Maji-Maji-Krieg (1905 - 1907) zeigten. Im Zuge dieser Unruhen verloren auch einige Missionare ihr Leben, Missionsstationen wurden zerstört.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden Deutsche aus Ostafrika ausgewiesen oder in Lagern interniert. Ab 1921 übernahmen die Missionsbenediktiner neue Tätigkeitsgebiete im südafrikanischen Zululand, in Tansania und anderen Teilen Ost- und Westafrikas. Der heutige Bestand der Klöster der Missionsbenediktiner*innen in Afrika und anderen Teilen der Welt ist auf einer Weltkarte im Museum dargestellt.

Die Objekte der Afrikasammlung zeigen v.a. Alltagskultur. Beim Aufbau der Lehrsammlung, die sich später zum Missionsmuseum entwickelte, war den Missionsbenediktinern vor allem wichtig, die Lebensweise der lokalen Bevölkerung kennenzulernen.

Über die Erwerbsumstände unserer Sammlungsobjekte ist wenig bekannt. Zwar wurden (lückenhaft) Eingangsbücher geführt und Karteikarten angelegt – jedoch ist nur selten der Erwerber genannt, weitere Angaben fehlen häufig.

Aspekte der Alltagskultur in Ostafrika zwischen 1890 und 1930

Die Haustür ist ein Beispiel der durch arabische, indische und asiatische Einflüsse geprägten kosmopolitischen Swahili-Kultur, die über viele Jahrhunderte den Handel Ostafrikas prägte.

Eine Vitrine zeigt typische Haushaltsgegenstände. Vorrats- und Wassergefäße standen außerhalb der Hütte bzw. des Hauses an geschützter Stelle. In vielen Gegenden dienten Bambusmatten als Schlafstelle. Das Haushaltsgerät bestand u.a. aus Tontöpfen, Kalebassen, geflochtenen Körben, Holzlöffeln und Tellern zum Anrichten des Maisbreis, der Getreideschwinge, und einem Mörser.

Eine weitere Vitrine widmet sich den Themenkreisen Ackerbau, Viehzucht und Jagd. Zur Rodung wurden Buschmesser verwendet, zum Jäten und zur Ernte Feldhacken und Sicheln. Die Herdentiere trugen Glocken, da sich die Tiere tagsüber aufgrund des geringen Nahrungsangebots weit in der Savanne verteilten. Fischreusen und -netze sowie Vogelfallen wurden zur Ergänzung des Nahrungsangebots genutzt. Auch ein Taubenschlag und ein Bienenstock gehörten meist zum Inventar.

An der Fensterseite der Afrikahalle werden verschiedene Handwerke präsentiert.
Beim Schmied wurde Eisen unter Zuhilfenahme eines Blasebalgs im Holzkohlenfeuer erhitzt und mit einem Hammer auf dem Amboss in die richtige Form gebracht. Geschmiedet wurden Nadeln, Messer, Nägel, Speerspitzen und andere Gegenstände des täglichen Gebrauchs.

Verschiedene Töpferwaren wie Transport-, Trink-  und Kochgefäße und sogar Pfeifenköpfe wurden aus Lehm geformt, verziert und gebrannt. Das Flechthandwerk wurde (mit Ausnahme der Schlafmatten) von Frauen ausgeführt. Neben Behältnissen und Haushaltsgegenständen wurden auch geflochtene Bierfilter hergestellt, die zur Klärung des einheimischen Biers dienten. Kunstvoll verzierte Kalebassen (Flaschenkürbisse) dienten als Gefäße. Die Bearbeitung von Holz und Leder war ebenso Teil der Handwerke.

In manchen Regionen wurde Rindenstoff anstelle von Tuch verwendet. Die Rinde der Natalfeige wurde in Wasser eingeweicht und mit Holzschlegeln weichgeklopft. Der fertige Rindenstoff wurde für Kleidung, aber auch für Transportsäcke verwendet.

Eine kleine Kabinettsammlung von Br. Baptist Krimbacher OSB, der 1912-14 als Lehrer bei den Gogo in Tansania verbrachte, zeigt in drei Vitrinen Alltagskultur und Schmuck dieser Ethnie.

Vorstellung verschiedener Regionen und Ethnien

Im Untergeschoss thematisieren die ersten Vitrinen des Afrikagangs die Küstenregion Ostafrikas mit der bedeutenden Swahili-Kultur und den dort noch heute gelebten Traditionen im Rahmen der Initiation (unyago), u.a. den Maskentänzen. 1936 wurde die Teilnahme an der Initiation vom Vatikan unter Androhung der Exkommunikation verboten. Abtbischof Joachim Ammann erkannte jedoch die hohe soziale Bedeutung der Initiations-Zeremonien und förderte deren Weiterführung in Verbindung mit christlichen Traditionen.

Eine weitere Vitrine zeigt Objekte aus dem Gebiet um die Abtei Peramiho in Tansania, in dem sich die Mission den Oberhäuptern der Ethnien zuwandte.

Die Vitrine, die der Kultur der Zulu in Südafrika gewidmet ist, zeigt den Alltag von Frauen (Bekleidung, Attribute einer Heilerin, Melkkübel) und Männern (Utensilien der traditionellen Stockkämpfe). Der Perlenschmuck enthält in seinen Formen und Farben einen Sprachcode, mit dem Botschaften übermittelt werden.

Zur Vitrine „Lebensweise der Nomaden und Halbnomaden“ stellt eine Texttafel die Mission bei mobilen Ethnien vor. Der Reichtum dieser Viehzüchter liegt in ihren Herden. Die Vegetation ist nicht ausreichend für ein sesshaftes Leben, die Kinder können daher keine Schule besuchen. P. Florian Prinz von Bayern OSB (1957 – 2022) richtete von Illeret am Turkanasee (Kenia) aus mobile Schulen ein, die die dort lebenden Dassanach begleiten. In Handeni (Tansania) baute P. Odilo Hüppi OSB (1918 – 1998) zusammen mit Sr. Karin Kraus, einer deutschen Ordensschwester und Tierärztin, die Mission bei den Massai auf.

Die Makonde, deren Schnitzkunst weithin bekannt ist, leben im Süden Tansanias bzw. im Norden Mozambiques. Viele der ausgestellten neueren Schnitzereien zeigen typische Themen - Alltagsszenen, Tierdarstellungen, Sippenbäume und sog. Shetani, Geister der afrikanischen Mythologie. Christliche Motive werden bis heute bei einheimischen Schnitzern auf Bestellung der Missionare angefertigt und im Fairhandel der Abtei Münsterschwarzach verkauft.

Eine Vitrine zeigt typische Perlenstickereien der Massai (Nord-Tansania und Kenia) auf Leder mit christlichen Szenen.

In Swahili bezeichnet der Begriff mganga einen Kundigen der traditionellen afrikanischen Medizin, der aber auch soziale, religiöse und richterliche Rollen in seiner Gemeinschaft ausübt. Die Utensilien eines Heilers geben u.a. einen Einblick in die Vorstellung der Entstehung und Heilung von Krankheiten und das Rechtssystem der Ethnien.

Musik und Schmuck

Die Kleine Afrikahalle zeigt verschiedene Arten afrikanischer Musikinstrumente, u.a. Saiten-, Blas- und Perkussionsinstrumente. Trommeln spielten im Leben der ostafrikanischen Bevölkerung eine große Rolle bei der Nachrichtenübermittlung, dienten aber auch als wichtiges Begleitinstrument bei Festen und religiösen Zeremonien. Daher wurden Trommeln auch von den Missionaren schon früh in den christlichen Gottesdiensten eingesetzt.

Die kleinen Vitrinen an der Fensterseite zeigen Schmuck aus Metall, Naturmaterialien und Perlen. Weitere Schmuckartikel sind Holzkämme, die ins Haar gesteckt werden, oder die für die Makonde typischen Pflöcke für Nase und Ohren.

Waffen- und Gedenkraum

Der letzte Raum der Afrikasammlung zeigt Schilde sowie Repräsentations-, Jagd- und Kriegswaffen verschiedener Ethnien. Die Herkunft dieser Speere, Pfeile und Wurfkeulen ist größtenteils unbekannt. Aus Aufzeichnungen von Erzabt Norbert Weber geht hervor, dass einzelne Waffen als Sammelobjekte zu den Missionsstationen gebracht wurden, dies erklärt aber nicht die relativ große Zahl an Speeren. Möglicherweise stammen einige Waffen aus den Entwaffnungskampagnen der deutschen Kolonialregierung nach dem Ende des Maji-Maji-Krieges. Allerdings finden sich in den Archiven hierzu keine Hinweise.

Der Speerhagel an der Decke dieses Raums ist dem Gedenken an den ostafrikanischen Widerstand gegen die Kolonialregierung Deutsch-Ostafrikas gewidmet, bei dem sich die lokale Bevölkerung mehrfach vergeblich gegen Ausbeutung, Fremdherrschaft und Gewalt wehrte.