Das zweite Gesicht
Vorhaltemasken der Makonde
"Die Masken sind Lebewesen wie wir, und wie wir leiden, lachen, weinen und tanzen auch sie. Aber sie sind keine menschlichen Wesen, sondern Geister aus einer anderen Welt." Bá-omo, Maskenchef aus Burkina Faso (aus "Die Regenmacher, T. & G. Baldizzone, 2003)
Die Vorlege-Masken der Makonde aus Südost-Tansania stellen ein weibliches, ein männliches sowie das Gesicht eines Mischwesens (Mensch mit Tierohren) dar. Die Masken werden von einem auf dem Maskenrand befestigten Tuch gehalten.
Das Frauengesicht schmücken zarte Lochreihen (Tatauierungsmuster), eine dicke Lippenscheibe, die reife Frauen tragen und Randlöcher an den Ohrmuscheln für Schmuckringe. In der Mitte des Bildes befindet sich eine mit rotem Ocker getönte Maske: Aus dem herzförmigen Gesicht ragt die Nase und die Oberlippe mit einer kleinen Schmuckscheibe, wie sie junge Mädchen tragen hervor; die Wimpern bestehen aus Tierhaaren, seitlich stehen Löffelohren ab. Die dritte Maske stellt ein männliches Gesicht dar.
Die Masken – auch die der Tiermasken – sollen Natur- und Ahnengeister darstellen. Sie werden verehrt und gefürchtet. Die Kombination von menschlichen und tierischen Zügen (Löffelohren) erhöht die Kraft der Maske. Die Tänzer – auch jener der weiblichen Masken – sind junge Männer. Sie erfüllen mit ihrem Erscheinen sowohl kultisch-rituelle, als auch erzieherische Aufgaben: sie belehren, drohen und üben Kritik.
Der Maskenauftritt findet auch heute noch beim gemeinsamen öffentlichen Schlussfest der Knaben- und Mädcheninitiation statt. Die Initianden, die früher monatelang getrennt von den Eltern gelebt haben (heute nützt man die Schulferien dazu) gelten von jetzt an als vollwertige erwachsene Mitglieder der Gesellschaft. Allerdings hat der Maskenauftritt die frühere geheimnisvolle Feierlichkeit eingebüßt.