Sansibartüren

Zeugnisse der alten Swahili-Kultur

Ab dem 8. Jahrhundert bildete sich eine lose zusammenhängende Konföderation von Stadtstaaten entlang der (süd-)östlichen Küste Afrikas und den vorgelagerten Inseln, deren Reichtum in ihrer Blütezeit im 13.-15. Jahrhundert auf dem Handel mit Gewürzen, Elfenbein und Sklaven basierte. Hier entstand durch die Begegnung von afrikanischer und arabischer Kultur und durch den Einfluss der Handelsbeziehungen, die bis nach Persien, Indien und China reichten, eine einzigartige Tradition – die Swahili-Kultur.

Swahili bedeutet übersetzt „Leute von der Küste“, bezeichnet aber auch die Sprache (Kiswahili, historisch auch: Suaheli). Der Niedergang der Swahili-Kultur begann im 16. Jahrhundert mit der Ankunft der portugiesischen Händler, die einige Städte und vor allem das ausbalancierte Handelsnetz zerstörten, um selbst Einfluss auf den Handel zu gewinnen.

Der Begriff Swahili-Architektur umfasst eine ganze Palette an verschiedenen Baustilen, die sich in dieser Küstenregion Afrikas entwickelten, und die zum Teil noch heute Anwendung finden.

Aus der würfelförmigen Grundform arabischer Häuser entstanden in der Swahili-Kultur vor dem Hintergrund religiöser und sozialer Traditionen und unterschiedlicher klimatischer Bedingungen eigene Formen, die Einflüsse verschiedener Kulturen zeigen. Ein typisches Swahilihaus ist um einen zentralen Hofraum herum angelegt, zur Straße hin schützt eine fensterlose Mauer die Bewohner vor Blicken von draußen.  

Das auffälligste und zentrale Element sind die Türen der Häuser, die sog. Swahili- oder Sansibartüren. Die Türen waren Prestigeobjekte und repräsentierten den Status reicher Handelsfamilien und Grundbesitzer. Hier war nicht nur die Größe des Eingangs bedeutsam, sondern auch die Ornamente und Verzierungen, die oft Hinweise auf das Handelsgewerbe des Eigentümers gaben.

Solche Türen sind noch heute in den ehemaligen Swahili-Stadtstaaten zu sehen, u.a. in Kenia (Mombasa, Lamu und Malindi) und Tansania (Kilwa, Stonetown auf Sansibar). Swahilitüren sind aber auch im Landesinneren in Städten entlang des Tanganjikasees zu finden, da dort die Karawanenroute der Händler verlief.

Elemente der Sansibartür

Die klassische Sansibartür ist aus sieben Elementen zusammengesetzt. Zwei Seiten- und ein Mittelpfosten bilden den Rahmen, in den die Türflügel eingepasst sind. Der schwere, mit dekorativen Elementen verzierte Türsturz und die hohe Schwelle aus einem dicken Holzbalken begrenzen die Tür oben und unten. Für die beiden Türflügel werden verschiedene Namen verwendet. Der rechte Flügel ist die männliche Tür (mlango dume), der linke die weibliche Tür (mlango jike).

Die geschnitzten Ornamente sind an den Seiten- und Mittelpfosten und auf dem Türsturz zu finden. Die Flächen der Türflügel sind, abhängig von Stil, mit großen Messing- oder Eisennägeln verziert, die bis zu 7 cm lang sein können und ungebetene Besucher abhalten sollen.

Klassische Türrahmen wurden aus dem extrem harten und widerstandfähigen afrikanischen Ebenholz oder, bei besonders wohlhabenden Besitzern, aus importiertem Teakholz gefertigt. In jüngerer Zeit wurde auch das Holz des Mango- und Jackfruit-Baums genutzt.

In der Ornamentik der Türen entwickelten sich mehrere Stile, die in zwei Gruppen unterteilt werden können:
Vom islamischen Stil beeinflusste Türen mit geradem Türsturz (oft mit einer mittig angebrachten Rosette oder einem Koranspruch) und geometrischer Formensprache, und die vom indo-persischen Stil beeinflussten Türformen aus dem 19. Jahrhundert mit halbrundem Türsturz und floralen Motiven.

Die Tür im Museum ist in ihrer Grundstuktur dem alten sog. Bajuni-Stil zuzuordnen, der in der Blütezeit der Swahili-Kultur entstand (um 1100 – 1400). Typisch sind Elemente wie der dicke Türrahmen, der Mittelpfosten und die äußere Einfassung der seitlichen Türpfosten. Die ebenfalls typischen geometrischen Muster auf dem Türsturz entstehen durch Auskerbung des Holzes.

Allerdings zeigt die Tür auch deutliche Einflüsse des arabisch beeinflussten Omani-Stils. Die für diesen Stil typischen zwei Türflügel sind mit eisernen Türangeln befestigt und weisen auf ihrer Fläche dekorative Nägel auf, der Mittelpfosten ist mit Omani-Motiven verziert.

Die genaue Herkunft der Sansibartür des Museums ist unbekannt, sie stammt vom Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts.

Weiterführende Information zu den verschiedenen Stilen der Sansibartüren bietet folgende facebook-Seite: https://www.facebook.com/people/Swahili-Creative-Carved-Doors/100064133227448/