Bildtafel "Gespräch mit Scholastika"

Wo ein Wille ist...

Der Bilderzyklus St. Benedikt, aus dem im Missionsmuseum 4 Tafeln gezeigt werden, umfasst insgesamt 14 Malereien auf Blech, die die Kapelle des Schwesternklosters St. Katharina (heute Tagesheim des Gymnasiums) in St. Ottilien zierten. Die Darstellungen sind nach Vorlagen der Beuroner Kunstschule gestaltet und beziehen sich auf Legenden über das Leben Benedikts aus dem "Buch der Dialoge" von Papst Gregor d. Gr. Wer der Künstler selbst war, ist nicht mehr eruierbar. Folgende anmutige Geschichte liegt der Szene "Gespräch mit Scholastika" zugrunde:

Benedikts Schwester Scholastika war von Kindheit an dem allmächtigen Gott geweiht. Sie war gewohnt, ihren Bruder einmal im Jahr zu besuchen. Der Mann Gottes ging jedes Mal zu ihr hinunter zu einem Gut des Klosters, das nicht weit entfernt lag.

Eines Tages kam sie wie üblich, und ihr ehrwürdiger Bruder stieg mit einigen Jüngern zu ihr hinab. Sie verbrachten den ganzen Tag im Lob Gottes und im geistlichen Gespräch. Bei Einbruch der Dunkelheit hielten sie miteinander Mahl.

Während sie noch am Tisch saßen und ihr geistliches Gespräch fortsetzten, wurde es spät. Da flehte die gottgeweihte Frau, seine Schwester, ihn an: "Ich bitte dich, lass mich diese Nacht nicht allein..." Er antwortete ihr: "Was sagst du da, Schwester? Ich kann auf keinen Fall außerhalb des Klosters bleiben."

Es war so heiteres Wetter, das sich keine Wolke am Himmel zeigte. Sobald aber die gottgeweihte Frau die Weigerung ihres Bruders hörte, fügte sie die Finger ineinander, legte ihre Hände auf den Tisch und ließ ihr Haupt auf die Hände sinken, um den allmächtigen Gott anzuflehen. Als sie dann das Haupt vom Tisch erhob, blitzte und donnerte es so stark, und ein so gewaltiger Wolkenbruch ging nieder, dass weder der heilige Benedikt noch die Brüder in seiner Begleitung einen Fuß über die Schwelle des Hauses setzen konnten...

Der Mann Gottes sah nun ein, dass er bei Blitz, Donner und dem ... Wolkenbruch nicht zum Kloster zurückkehren konnte. Da wurde er traurig und klagte: "Der allmächtige Gott vergebe dir, Schwester! Was hast du da getan?" Sie erwiderte ihm: "Sieh, ich habe dich gebeten, und du hast mich nicht erhört; da habe ich meinen Herrn gebeten, und er hat mich erhört. Geh nur, wenn du kannst...".

Da er das Haus nicht verlassen konnte, blieb er gegen seinen Willen, nachdem er freiwillig nicht hatte bleiben wollen. So konnten sie die ganze Nacht durchwachen, in heiligen Gesprächen ihre Erfahrungen über das geistliche Leben austauschen und sich gegenseitig stärken.

(aus:Gregor der Gr., Dialoge II, 33. Übersetzung zitiert nach www.benediktinerinnen-bayern.de/benedikt/ii-buch-der-dialoge/33-kapitel/).