DER HABIT DER MISSIONSBENEDIKTINER
Das lateinische Wort "habitus" bedeutet Haltung oder Gestalt, aber auch Kleidung. Habit ist der gängige Fachbegriff für das Ordensgewand.
Die Kleidung von Ordensleuten betont einerseits die Besonderheit der Lebensform. Das einheitliche Gewand soll andererseits die Individualität zurücknehmen und die Integration des Einzelnen in die Gemeinschaft stärken.
Eine Ausdifferenzierung verschiedener spezifischer Ordenstrachten fand erst nach der ersten Jahrtausendwende statt, als mit verschiedenen Reformbewegungen neue Orden entstanden. Vorher nahm man oft einfach die landesübliche Kleidung, wie es auch die Regel des hl. Benedikt vorsieht (Kapitel 55) - man strebte noch nicht nach Vereinheitlichung unter den Benediktinerklöstern. Dennoch setzte sich bei den Benediktinern im Laufe der Zeit ein schwarzer Habit durch, sodass sie als die "schwarzen Mönche" galten, im Unterschied zu anderen Mönchsorden.
Die Grundstruktur des Benediktinerhabits ist heute überall gleich: Über einer Tunika, die mit einem Zingulum (lat. Gürtel) aus Stoff oder Leder zusammengehalten wird, liegt eine Art Überwurf, das sog. Skapulier (lat. Schulterkleid), das ursprünglich auch die Funktion einer Arbeitsschürze hatte. Oft ist es mit einer Kapuze verbunden, die jedoch auch abnehmbar sein kann. Diese Kapuze schützt ggf. nicht nur vor Nässe oder Kälte, sondern ist – aufgezogen – auch ein Zeichen der persönlichen Meditation. Dies ist bis heute so: Geht der Mönch mit aufgezogener Kapuze, soll er nicht angesprochen werden.
Im Laufe der Klerikalisierung des Benediktinerordens wurde das Ordensgewand vornehmer und war zunehmend nicht mehr als Arbeitskleidung geeignet. Parallel entwickelten sich aus dem Stand der zunächst weltlichen Mitarbeiter der Benediktinerklöster die sog. Laienbrüder der Gemeinschaften, die bis zum 2. Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) einen eigenen Habit trugen.
Die Benediktiner unterteilen sich heute in historisch gewachsene Kongregationen, worunter man Zusammenschlüsse von selbständigen Klöstern versteht. Zwischen diesen Kongregationen finden sich beträchtliche Unterschiede in der jeweiligen Ausgestaltung des Habits.
Die Teile der Ordenstracht wurden vielfach mit einer spirituellen Bedeutung versehen, welche bei der Einkleidung des neuen Mönchs heute noch zum Ausdruck kommt.
In der Kongregation der Missionsbenediktiner wird der Klosterkandidat entsprechend der Stationen der Eingliederung in die Gemeinschaft sukzessive eingekleidet:
Die Aufnahme in das Postulat geschieht mit der Tunika samt Zingulum. Der Postulant (lat. der (den Eintritt) Fordernde) soll sich "mit der Wahrheit gürten" (Epheserbrief 6,14).
Mit der Aufnahme in das Noviziat bekommt der Novize (lat. Neuling) das Skapulier, das ihm mit den Worten überreicht wird: "nimm das Joch Christi auf dich".
Skapuliere zur Noviziatsaufnahme
Die Skapuliere zur Noviziatsaufnahme in St. Ottilien liegen bereit
(Abbildung: Hans Günter Kaufmann, Kraft der Stille).
Ritus der Noviziatsaufnahme
Das Benediktionale, ein liturgisches Buch der römisch-katholischen Kirche mit Segnungen für alle Anlässe, enthält auch den bei der Noviziatsaufnahme verwendeten Text.
Regel des Hl. Benedikt
Kapitel 55 der Regel des Hl. Benedikt "Über Kleidung und Schuhwerk der Brüder":
Die Kleidung, welche die Brüder erhalten, soll der Lage und dem Klima ihres Wohnortes entsprechen; denn in kalten Gegenden braucht man mehr, in warmen weniger.
Darauf zu achten ist Aufgabe des Abtes.
Unserer Meinung nach genügen in Gegenden mit gemäßigtem Klima für jeden Mönch Kukulle und Tunika,
die Kukulle im Winter wollig, im Sommer leicht oder abgetragen,
für die Arbeit ein Überwurf und als Fußbekleidung Socken und Schuhe.
Über Farbe oder groben Stoff dieser Kleidungsstücke sollen sich die Mönche nicht beschweren; man nehme alles so, wie es sich in der Gegend, wo sie wohnen, findet, oder was man billiger kaufen kann.
Der Abt sorge aber für das rechte Maß, dass die Kleider nicht zu kurz sind, sondern denen, die sie tragen, passen.
Bekommen sie etwas Neues, geben sie das Alte immer gleich ab; es wird in der Kleiderkammer für die Armen aufbewahrt.
Für einen Mönch genügen zwei Tuniken und zwei Kukullen; so kann er zur Nacht und zum Waschen die Kleider wechseln.
Was darüber hinausgeht, ist überflüssig und muss entfernt werden.
Ebenso gibt man die Socken und alles Abgetragene ab, wenn man Neues bekommt.
Wer auf Reisen geschickt wird, erhält Hosen aus der Kleiderkammer; nach der Rückkehr gibt er sie gewaschen wieder ab.
Kukulle und Tunika, die er für die Reise aus der Kleiderkammer erhält und nach der Rückkehr zurückzugeben hat, seien ein wenig besser, als man sie für gewöhnlich trägt.
[…]
Erst mit der Feierlichen Profess, also dem endgültigen Mönchsgelübde und der damit definitiven Aufnahme in die Gemeinschaft, wird dem Mönch die Kukulle überreicht, welche damit als Zeichen der Vollmitgliedschaft gilt.
Lange Zeit wurde der Habit auch während der Arbeit getragen, sogar von Handwerkern und Landwirten, die dafür einen eigenen Arbeitshabit hatten, der nur aus einer groben Tunika bestand und etwas höher geschnitten war.
Heute ist das Tragen des Habits in St. Ottilien freigestellt, nicht nur in der Freizeit, sondern auch auf Reisen und in vielen Arbeitsbereichen. Das Ordensgewand wird aber grundsätzlich zu Gemeinschaftsveranstaltungen getragen und immer dann, wenn es sinnvoll ist, als Mönch erkannt zu werden, sei es in Gottesdiensten, im Lehrberuf oder bei öffentlichem Auftreten.
Habite der Kongregation der Missionsbenediktiner von St. Ottilien
Kukulle
Zum Habit kommt bei allen Benediktinern für den Gottesdienst die sog. Kukulle (lat. Tüte) hinzu, ein faltenreicher großer schwarzer Chormantel mit weiten Ärmeln.
Pelerine
Bei kaltem Wetter kann über der Ordenskleidung eine schwarze Pelerine (urspünglich Pilgerumhang) getragen werden.
Tunika und Skapulier
Die schwarze Tunika tragen alle Missionsbenediktiner außer in Indien, in Venezuela, auf den Philippinen, in Südamerika, in Südafrika, Togo und in den ostafrikanischen Ländern.
Das Skapulier ist ein Überwurf über Brust und Rücken, eine Art Schürze, die über der Tunika getragen wird. Die Gestalt des Ottilianer Skapuliers entspricht dem Habit der Mönche der Abtei Beuron, da der Gründer der Missionsbenediktiner, P. Andreas Amrhein, ursprünglich Mönch in Beuron war.
Habit aus Kumily (Indien)
Indische Benediktiner, so auch die Mönche des zu St. Ottilien gehörenden Klosters Kumily, tragen einen beige-orangen Habit. Diese Kleidungsfarbe ist eine Tradition aus dem Buddhismus und Hinduismus. Die Farbe setzt sich zusammen aus Gelborange, welches für die aufgehende Sonne und das Göttliche steht, und Braun, der Farbe der Erde (Demut).
Weißer Habit
Ottilianer Missionare trugen anfangs auch in Afrika einen schwarzen Habit - vom Klima in Afrika hatten sie zunächst keine Ahnung. Schon in den ersten Jahren der Ostafrikamission setzte sich jedoch der weiße Habit durch. Er ist heute in allen tropischen Klöstern der Missionsbenediktiner üblich.
Kurzhabit
Informelle Arbeitskleidung für Tätigkeiten, bei denen der lange Habit störend ist (Abtei Uznach, Schweiz).
Details zum Habit
Brüderkapuze
Usprünglich hatten die Brüdermönche in St. Ottilien (im Gegensatz zu den Priestermönchen, den Patres) keine Kapuze am Habit. Später wurde eine anknöpfbare Kapuze eingeführt. Heute tragen Brüdermönche wie Patres den gleichen Habit.
Einfaches schwarzes und rotes Zingulum
Das schwarze Zingulum der Priestermönche hatte bis in die 1980er Jahre eine senkrechte Schärpe in Anlehnung an die Soutane der Weltpriester.
Das gezeigte rote Zingulum gehörte P. Konrad Rapp, der 1932 in der Koreamission ums Leben kam. Es steht für den missionarischen Einsatz, der bis zum "Blutzeugnis" (Martyrium) gehen kann. Deshalb führte es der Gründer, P. Andreas Amrhein, ein - statt des Ledergürtels, den die Beuroner Mönche (und fast alle anderen Benediktinerkongregationen) tragen.
Um das rote Zingulum gab es in St. Ottilien viele Auseinandersetzungen. Es wurde als unnötig auffällig bewertet, auch hatte man Sorge, dass es politisch missverstanden werden könnte. 1934 wurde es in der ganzen Kongregation abgeschafft und durch den heute üblichen schwarzen Tuchgürtel ersetzt.
Sandalen
Ursprünglich wurden die charakteristischen geflochtenen Ledersandalen der Missionsbenediktiner in der Schuhmacherei St. Ottilien hergestellt.
Benediktinerhabite im Vergleich
Pater Andreas Amrhein im selbst entworfenen Habit
Pater Andreas Amrhein (+ 1927), Gründer St. Ottiliens, in seinem eigenen Habit, den er selbst entworfen hatte, auch in Abgrenzung vom Habit der Abtei Beuron, der er früher angehört hatte. Das Gewand hat gewisse Ähnlichkeit zum traditionellen Habit der Schweizer Benediktiner.
Historischer Arbeitshabit
Ottilianer Mönche im Arbeitshabit, im Vordergrund Erzabt Norbert Weber (+ 1956). Foto ca. 1920er Jahre.
Abtbischof Cassian Spiß im weißen Habit
Der 1905 im Maji-Maji-Krieg in Ostafrika ums Leben gekommene Abtbischof Cassian Spiß im weißen Habit.
Habit der Bayerischen Benediktinerkongregation
Wolfgang Maria Hagl OSB, von 1989-2023 Abt im Kloster Metten, mit dem für die Bayerische Benediktinerkongregation typischen weißen Kragen.
(aus: Alt-und-Jung Metten, 2-2022/23)