GELD UND WERT - TAUSCH- UND ZAHLUNGSMITTEL IN OSTAFRIKA
Unser modernes Leben basiert auf Geld: Der Wert von Waren und Dienstleistungen spiegelt sich in der Summe, die dafür bezahlt werden muss. Währung muss dabei aber nicht zwangsläufig Papierstücke und Metallscheiben oder immaterielles Geld in Form von Bankkonten und Kreditkarten bedeuten. Jeder beliebige Gegenstand könnte als Zahlungsmittel dienen, sofern sich eine Gesellschaft darauf verständigt.
Der größte Teil des Handels in Afrika vollzog sich – wie ursprünglich auch in Europa – jahrhundertelang als Tausch mit Primärgeld, d.h. als Handel von Ware gegen Ware. Tierische, pflanzliche und metallische Produkte, Mineralien und Metalle dienten als Zahlungsmittel. Dabei konnte Primärgeld nicht nur Zahlungsmittel sein, sondern auch in rituellem Kontext verwendet werden.
Traditionelle Währungen konnten von jedem hergestellt und ohne zentrale Ausgabestelle in Umlauf gebracht werden. Entscheidend für den Wert war die Verfügbarkeit des Materials, die zur Gewinnung/Herstellung benötigte Arbeitszeit und der jeweilige innerafrikanische Handelsplatz. Perlen wurden auch als Tauschware im Handel mit Europäern akzeptiert, sofern Muster und Farben lokal "gültig" waren.
Eine Vielzahl traditioneller Zahlungsmittel war oft nur in relativ kleinen Gebieten verbreitet, wie z.B. Salzgeld (amole) in Form von Barren in Nigeria, Äthiopien und im Kongo. Daneben gab es aber auch Zahlungsmittel, die seit dem 9. Jh. in ganz Afrika und auch mit Händlern aus der arabischen Welt und Europa gültig waren, z.B. Kaurischnecken (Muschelgeld).
Gewehre dienten bereits im vorkolonialen Afrika als Tauschmittel, und auch Gerätegeld in Form von Messern, Hacken, Beilen u.a. war im Umlauf. Dabei entwickelten sich aus der Alltagsform der Geräte auch Schmuckformen, die nicht mehr zum Gebrauch, sondern nur noch zum Tausch bestimmt waren. Manche Zahlungsmittel wie Metallarmreifen, Perlen und Kaurischnecken, wurden aber auch als Schmuck am Körper getragen oder auf Kleidung aufgenäht und zeigten den sozialen Status ihrer Besitzer.
Mit den sich ausweitenden Handelsbeziehungen durch Elfenbein- und Sklavenhandel und der Veränderung der Machtverhältnisse nach der Kolonisierung im 19. Jh. setzten sich immer stärker Münzen als Zahlungsmittel durch, die Primärwährungen verschwanden.
Die in der Sonderausstellung vorgestellten traditionellen Zahlungs- und Tauschmittel sind auf den ostafrikanischen Wirtschaftsraum begrenzt, in dem die Ottilianer Missionare ab 1887 tätig waren. Die Verkäufer der über 100 Jahre alten Objekte sind trotz abgeschlossener Erforschung der Herkunft (Provenienz) unbekannt, auch über den damals bezahlten Preis finden sich keine Hinweise im Archiv des Museums.
Exotische Felle

Leopardenfelle galten als Machtinsignien afrikanischer Herrscher und Krieger, die Tiere wurden mit Stärke, Mut und Schlauheit assoziiert. Ab dem 9. Jh. wurden exotische Felle zur Tauschware im Transsaharahandel (zwischen Nordafrika bzw. der Mittelmeerküste und den afrikanischen Gebieten südlich der Sahara), später auch im Handel mit Europa. Als Gefahr für Haus- und Herdentiere und - in seltenen Fällen – auch für Menschen wurden Leoparden bejagt, und auch heute sind die Tiere bei der Bevölkerung in landwirtschaftlich genutzten Gebieten nicht beliebt.
Mit dem Washingtoner Artenschutzabkommen konnten Fellhandel und Wilderei eingedämmt werden, die Raubtiere sind aber noch immer eine lukrative Einnahmequelle für Landbesitzer: Die Großwildjagd auf den zu den "Big Five" gehörenden Leoparden ist in vielen afrikanischen Staaten erlaubt, die Einfuhr als Jagdtrophäe in vielen Ländern der EU möglich.
Feuerwaffen (Waffengeld)

Die Ausbreitung von Gewehren und anderen Feuerwaffen ab den 1850er Jahren als begehrtes Handelsgut veränderte das ökonomische, soziale und politische Gefüge Ostafrikas. Waffen dienten als Handelsware, aber auch als "Bezahlung" militärischer Einheiten und waren begehrte diplomatische Geschenke zwischen afrikanischen Herrschern, aber auch im Kontakt mit europäischen Großmächten.
Der Einsatz von Waffen im Karawanenhandel und zur organisierten Elefantenjagd sowie die Einrichtung von permanenten kriegerischen Einheiten im Sklavenhandel und für Beutezüge trugen zu einer Verschiebung bestehender Machtverhältnisse bei. Die stark umkämpfte Kontrolle des Handels mit Feuerwaffen bildete in der Folge auch die Basis politischer Autorität in vielen afrikanischen Ländern.
Die kritische Beurteilung dieser Situation war noch vor der Kolonisierung Grundlage verschiedener Regulierungsversuche durch europäische Kolonialmächte. Auf der Brüsseler Konferenz 1889/90 wurden eine "Schutzzone" und ein Verbot des Handels mit neueren Waffen festgelegt. Unter dem moralischen Argument der Unterdrückung des Sklavenhandels dienten diese Maßnahmen aber auch zur Durchsetzung kolonialer Machtstrukturen und militärischer Präsenz in weiten Teilen Afrikas.
Elfenbein

Der transregionale Karawanenhandel im 19. Jh. entstand auf Basis der vermehrten Nachfrage nach Elfenbein in Europa und Amerika, Drehscheibe des Handels war die Insel Sansibar. Karawanen mit oft mehreren Tausend Menschen wurden von Händlern der ostafrikanischen Küste und aus dem Hinterland aufgestellt, die Stoßzähne wurden mangels anderer Transportmittel mit Trägern befördert.
Dadurch entstand ein Handelsraum, der von der Küste bis in den Kongo reichte. Durch den zunehmenden Tauschhandel von Elfenbein gegen Feuerwaffen veränderte sich das soziale Gefüge und es kam in Ostafrika immer öfter zu kriegerischen Auseinandersetzungen rund um den Karawanenhandel.
Mit den Handelskarawanen wurden aber auch der Islam und die Schriftkultur verbreitet, es fand ein Kulturaustausch statt zwischen der Küstenregion und dem Inland.
Ende des 19. Jh. brach der Karawanenverkehr zwar ab, die entstandenen Handelsstrukturen waren jedoch prägend für die weitere Entwicklung der gesamten ostafrikanischen Region. Der Handel mit Elfenbein ist seit 1989 über das Washingtoner Artenschutzübereinkommen verboten, Ausnahmeregelungen bieten jedoch weiterhin Raum für Betrug und Verstöße. Im Januar 2022 traten in der EU weitere gesetzliche Verschärfungen in Kraft.
Kaurischnecken (Muschelgeld)

Bereits im 9./10. Jh. wurden Kaurischnecken von arabischen Händlern an der ostafrikanischen Küste gegen Gold und Elfenbein getauscht, seit dem 15. Jh. ist dieses Zahlungsmittel auch als Währung im Sklavenhandel nachgewiesen.
Kaurischnecken (die Bezeichnung "Kaurimuschel" ist biologisch nicht korrekt) waren eines der beliebtesten Zahlungsmittel in Afrika. Eine einzelne Kauri hatte geringen Wert, dadurch war es aber möglich, Gegenstände des täglichen Bedarfs in kleinster Menge zu kaufen. Meist in bestimmter Zahl in Beutel verpackt, auf Schnüre aufgezogen oder in korbähnlichen Behältern verstaut, stieg der Wert der Kauris, je weiter entfernt von ihrem Sammelort sie gehandelt wurden.
Als das natürliche Verbreitungsgebiet der Geld-Kaurischnecke (Monetaria moneta) auf den Malediven ausgebeutet war, verlagerte sich die Gewinnung von Kaurigeld an die Küste von Sansibar, wo die Ring-Kaurischnecke (Monetaria annulus) zu finden war. Deutsche Händler erzielten durch den kürzeren Transportweg und die billigeren ostafrikanischen Kauris, die sie in großen Mengen in Westafrika wieder absetzten, erhebliche Gewinnspannen. Dadurch kam es im 19. Jh. zu einem Überangebot an Kauris, zu immer größeren Problemen beim Abzählen riesiger Mengen, und letztlich zur Inflation.
Die von den Kolonialregierungen eingeführte Münzwährung trug ebenfalls zu einem Niedergang des Handels mit Kaurischnecken bei. Sie gelangte entlang der Flüsse ins afrikanische Hinterland und setzte sich dort gegen den Widerstand der Händler durch. Kauri behielt noch eine Weile seine Bedeutung als Kleingeld, wurde auf Märkten in entlegenen Gebieten sporadisch verwendet, verschwand aber bis 1955 vollständig.
Kaurischnecken wurden wegen ihres dekorativen Aussehen auch als Schmuckornament auf Gürtel und andere Kleidungsstücke aufgenäht und zeigten den sozialen Status ihrer Träger an.
Armreifen und Schmuck aus seltenen Metallen (Schmuckgeld)

Mit Ausnahme einiger weniger Gebiete existieren in Ostafrika keine natürlichen Quellen für Kupfer.
Während dicke Kupferarmringe (sog. Manillen) in Westafrika ab dem frühen 16. Jh. im internationalen Handel als Zahlungsmittel im Umlauf waren, galt Arm- und Halsschmuck in Ostafrika aus Kupfer oder einer Legierung als Prestigeobjekt und Symbol des Reichtums.
Geldscheine und Münzen

Die eingeführte Münzwährung war durch die rasche Veränderung der Machtverhältnisse nach der Kolonisierung ab 1885 einem starken Wandel unterworfen.
In Ostafrika wurde der seit Ende des 18. Jahrhunderts als Zahlungsmittel anerkannte österreichische Maria-Theresien-Taler infolge des zunehmenden Handels mit Indien verdrängt, in den 1880er Jahren war die indische Rupie die vorherrschende Währung.
1890 erhielt die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft die Erlaubnis, eigene Rupien und Pesa zu prägen. 1904 übernahm die deutsche Regierung die Währungsangelegenheiten im Schutzgebiet, eine neue Rupie wurde eingeführt, die anstatt der früheren Aufteilung (1 Rupie = 64 Pesa) nun in 100 Heller aufgeteilt war. Auch Banknoten wurden gedruckt, um den Geldverkehr des Schutzgebiets mit Deutschland und dem Ausland zu erleichtern.
Nach der Besetzung von Deutsch-Ostafrika im 1. Weltkrieg durch belgische und britische Truppen (1916) wurde die Britische Ostafrikanische Rupie eingeführt, in Burundi und Ruanda ersetzte der Belgisch-Kongolesische Franc die Rupie.
1920 wurde die Rupie durch den Florin ersetzt, doch bereits ein Jahr später wurde der ostafrikanische Schilling in Britisch-Ostafrika (heute: Kenia), Tanganjika (heute: Festland von Tansania) und Sansibar eingeführt, der bis zur Unabhängigkeit der Staaten in den 1960er Jahren die Währung der britischen Kolonien in Ostafrika war.
Heute sind der Kenia-Schilling, der Tansania-Schilling, der Burundi-Franc und der Ruanda-Franc im Umlauf.
Perlen (Schmuckgeld)

Venezianische und böhmische Glasperlen dienten jahrhundertelang als Tausch- und Zahlungsmittel für Gold und Elfenbein, wurden zu Schmuck verarbeitet und demonstrierten den sozialen Status ihrer Träger. Perlen waren aber auch Zahlungsmittel im Sklavenhandel. Arabische - und ab dem 16. Jh. auch europäische - Händler bezahlten im grausamen Geschäft mit Sklavenjagd, Verschleppung, Folter und Mord mit "Sklavenperlen".
Europäische Händler und Forschungsreisende berichteten immer wieder, dass Tausch oder Handel nicht zustande kamen, weil die mitgebrachten Perlen nicht als Zahlungsmittel anerkannt wurden. Die Theorie, dass sich ein komplexes und schnell veränderliches System aus Handelsplätzen entwickelt hatte, das nur von lokal Ansässigen durchschaut werden konnte, ist hierbei plausibler als die Annahme, es habe sich bei Formen und Farben der Perlen um "Moden" gehandelt, derentwegen europäische Handelsvertreter und Forscher oft auf ihren Perlen "sitzenblieben", weil sie nicht gefielen.
Beil, Buschmesser, Haushaltsmesser (Gerätegeld)

Gerätegeld lässt sich noch bis zum Beginn des 20. Jh. als Zahlungs- und Tauschmittel nachweisen. Mit der Zeit entstanden auch reich verzierte Symbol- und Schmuckformen der Geräte mit überdimensionierten Klingen, bei denen der Metallwert die Funktion als Werkzeug ersetzte – ein Übergang zum reinen Geldstück.
