WEIHNACHTEN IN ANDEREN LÄNDERN
Obwohl das Weihnachtsfest auf der ganzen Welt ähnlich gefeiert wird, sind in vielen Ländern rund um das Fest unterschiedliche Bräuche entstanden. In unserer Weihnachtsausstellung haben wir ein paar Schwerpunkte aus Europa, Lateinamerika und Asien gesetzt.
Die Krippen der diesjährigen Weihnachtsausstellung (bis zum 12.1.2025) stammen aus der in den letzten 40 Jahren gewachsenen Krippensammlung von Br. Anselm Hartmann OSB (1940-2023). Die meisten Krippen gelangten als Schenkungen oder über Nachlässe nach St. Ottilien oder sind Reisemitbringsel von Br. Anselms Mitbrüdern aus der weltweit tätigen Kongregation der Missionsbenediktiner.
Peru
In Peru beginnt die Vorweihnachtszeit damit, dass die Familien beginnen, das Herzstück der peruanischen Weihnacht, el nacimiento (die Weihnachtskrippe, wörtlich "die Geburt") herzurichten und pompöse Miniaturlandschaften zu gestalten. Immer häufiger findet man inzwischen auch Christbäume aus Plastik mit künstlichem Schnee.
In Cuzco findet am 24. Dezember der große Weihnachtsmarkt "Santurantikuy" auf dem Hauptplatz der historischen Altstadt statt. Hier werden Kleider und Schuhe für die Figuren des Jesuskinds in der Krippe verkauft, dazwischen religiöse Kunst und Geschenkartikel – und Zuckerwatte.
Das Weihnachtsfest, La Noche Buena (wörtlich: die gute Nacht) wird bei sommerlichen Temperaturen gefeiert. Weihnachten beginnt um Mitternacht mit einem Feuerwerk, das Christkind wird in die Krippe gelegt. Danach wird gegessen, traditionell mit Truthahn und Tamales (gefüllte Taschen aus Maisteig); als Nachspeise gibt es panetón-Kuchen und heiße Schokolade.
Retablo (Peru), unbekannter Künstler
Diese detailliert ausgearbeiteten tragbaren „Häuser“ aus Holz mit Flügeltüren, die religiöse, historische oder alltägliche Szenen darstellen, sind u.a. typisch für die peruanische Region rund um die Stadt Ayacucho.
Das Wort retablo ist abgeleitet vom lateinischen retro-tabulum, was soviel bedeutet wie "hinter dem Tisch bzw. Altar". Die ersten retablos, dreidimensionale Figuren in einem Rahmen, waren auf oder hinter dem Altar katholischer Kirchen aufgestellt und dienten in der Predigt zur Erläuterung des biblischen Geschehens.
Die Figuren der Retablos werden aus Salzteig oder einer ähnlichen Masse hergestellt und mit bunten Lackfarben bemalt. Die früher rein religiösen Motive wandelten sich ab den 1940er Jahren und zeigten zunehmend Szenen aus dem bäuerlichen Leben.
Allmählich veränderte sich auch die Form der Retablos, die Kunsthandwerker orientierten sich an den Wünschen ihrer Kunden. Retablos in Streichholzschachteln, Eierschalen oder in den heute sehr bekannten Kürbissen entstanden.
Kalebassenkrippe (Peru), unbekannter Künstler
Diese Darstellung der Krippenfiguren aus Kürbissen mit Brandmalerei und Farbe ist sehr selten. Meist werden in Peru runde Kürbisse genutzt, um in die Vorderseite eine halbrunde Höhlung zu schneiden, in die kleine, bunt bemalte Figuren aus Maismehl gesetzt werden.
Krippenfiguren von Hilario Mendivil Velasco (1929-1977)
Der Volkskünstler Hilario Mendivil Velasco (1929-1977) aus einer alten Kunsthandwerkerfamilie in Cuzco entwickelte schon als Kind einen besonderen Stil farbiger Krippenfiguren im altspanischen Kolonialstil mit charakteristischen langgezogenen Hälsen.
Die Figuren bestehen aus einem Holzkorpus, der mit einer Masse aus Mehl, Ton und Gips nach alten Inkarezepten überzogen und mit Lackfarbe und Goldakzenten bemalt wird.
Die Kleider sind "kaschiert", d.h. aus Papier und Textilien, die in Leimwasser getränkt werden. Die bunt mit Lackfarben und Dekor in Gold oder Farbtupfen bemalten Figuren sind mit Flammenbüschen aus gefärbten Vogelfedern geschmückt.
Krippenfiguren von Hilario Mendivil sind mittlerweile begehrte Sammlerobjekte.
Indonesien
In dem mehrheitlich islamisch geprägten Inselstaat ist das Verhältnis zwischen den Religionen vielerorts von Spannungen geprägt. Weihnachten wird deshalb nur in Gegenden mit christlicher Mehrheit wie z.B. in Jakarta, öffentlich gefeiert; dort werden auch die Einkaufszentren weihnachtlich geschmückt. Schon mit Beginn des Dezember wird Selamat hari Natal (Frohe Weihnachten) gewünscht.
Das Weihnachtsfest wird bei Temperaturen nahe 30 Grad gefeiert, mit viel gutem Essen und Gottesdiensten, oft mit Gamelan-Musik. Im südlichen Bali gibt es mehrere christliche Dörfer, die zu Weihnachten geschmückt werden. Balinesen stellen lange Bambuszweige und Kokosnussblätter (penjor) vor ihre Häuser. Eine andere Weihnachtstradition der christlichen Indonesier ist ngejot; Christen geben ihren Nachbarn am Weihnachtsabend etwas zu essen.
Bambuskrippe aus Indonesien, Nachlass von P. Benedikt Kominiak OSB aus der zu St. Ottilien gehörigen Abtei Newton (U.S.A.)
Die Krippenfiguren sind aus einem Bambusstamm geschnitzt – daher die halbrund gebogene Form. Das Bambusmaterial wurde sparsam mit roten, blauen, weißen und gelben Akzenten bemalt und lasiert.
Ein interessantes Detail ist, dass alle Figuren außer der Heiligen Familie auf Wasserbüffeln reiten.
Die domestizierte Form (Hausbüffel) wird in vielen asiatischen Ländern zum Pflügen von Reisfeldern und als Last- und Reittier verwendet. Leder, Milch und Fleisch werden ebenfalls genutzt. Hausbüffel sind im Gegensatz zu ihren wilden Verwandten sehr friedlich und lassen sich selbst von kleinen Kindern lenken.
Libanon
Zur Weihnachtszeit werden nicht nur die Kirchen, sondern auch Straßen und Häuser festlich geschmückt. Die Vorbereitungen beginnen ungefähr zwei Wochen vor dem Fest. Erbsen-, Weizen-, Bohnen- oder Linsensamen werden in Wattebäusche gesät. Bis Weihnachten sind die Setzlinge 15 Zentimeter groß und schmücken die Krippen.
An den letzten neun Tagen vor Heiligabend werden in allen Kirchen des Landes abendlich besondere Predigten gehalten. Weihnachten wird am 25. Dezember gefeiert. Man besucht morgens die Freunde, dort werden Kaffee, Liköre, Gebäck und gesüßte Mandeln angeboten. Das Weihnachtsessen findet mittags statt; alle treffen sich im Haus des ältesten Familienmitglieds.
Zedernholzkrippe aus dem Libanon, Geber P. Winfried Mayr OSB
Die aus einem Zedernholzstamm geschnitzte Blockkrippe zeigt das charakteristische rötlich-gelbe Holz der Libanonzeder. Die Bäume erreichen eine Wuchshöhe von 30 bis 50 Metern und werden bis zu 1000 Jahre alt.
Das begehrte und kostbare Holz wurde nach Israel und in den gesamten Alten Orient exportiert. Die "Zedern des Libanon" sind mehrfach in der Bibel als Symbol der Stärke und Fülle erwähnt.
Die Zeder ist das Nationalsymbol des Libanon; der einst hohe Baumbestand wurde durch jahrhundertelange Rodung für Schiffs- und Eisenbahnbau stark dezimiert, die verbliebenen kleinen Bestände sind durch den Klimawandel stark bedroht.
Polen
In Polen wird am Weihnachtsabend eine große Weihnachtsoblate, auf der Jesus, Maria und Engel eingeprägt sind, in Stücke gebrochen und an alle Familienmitglieder verteilt. Jeder geht mit seinem Oblatenstück zu allen Familienmitgliedern, bricht ein Stück ab und gibt es dem anderen. Dabei wünscht man sich Glück im nächsten Jahr.
Die Wigilia, das traditionelle Weihnachtsessen, beginnt erst, wenn der erste Stern am Himmel zu sehen ist. Das Festmenü besteht aus zwölf Gängen mit Gerichten ohne Fleisch, die alle probiert werden sollten. Traditionell wird ein Platz mehr aufgedeckt für einen unerwarteten Gast.
Unter die weiße Tischdecke wird in manchen Familien etwas Heu gelegt, in Erinnerung an die Geburt Jesu. Um Mitternacht besucht die Familie die Pasterka, die Weihnachtsmesse.
Und natürlich wünschen sich alle Boze Narodzenie - Frohe Weihnachten!
Strohkrippe aus Polen, Geschenk der Frau eines Waldarbeiters, der nach dem Sturm „Wiebke“ (1990) in St. Ottilien beschäftigt war
Der kleine Stall mit fest installierten Figuren ist aus kleinen Strohbündeln gestaltet, die mit Garn zusammengehalten werden.
Szopka aus Polen, unbekannter Künstler
Die typische Szopka (polnisch = Krippe) aus Pappe in Form einer Kirche wird mit farbigem Aluminiumpapier - meist Schokoladen- und Bonbonfolie - umkleidet. Meist sind Szopkas berühmten Krakauer Kirchen nachempfunden.
Diese seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts übliche Form der Krippe erinnert an Elemente des Puppentheaters. Mit dem Bau beschäftigten sich ursprünglich die im Winter arbeitslosen Maurermeister, heute werden die Szopkas in den Familien in unzähligen Arbeitsstunden hergestellt. 1937 wurde in Krakau sogar ein Wettbewerb um die schönste Weihnachtskrippe ausgerufen.
Der höchste Turm der ausgestellten Szopka ist von einem Stern gekrönt, die beiden niedrigeren Türme zeigen die weiß-rote polnische Nationalflagge.
Tansania
Auch in Tansania fällt das Weihnachtsfest in den Hochsommer. Üppige Weihnachtsdekorationen findet man hier aber eher selten. Weihnachten ist die Zeit der Familientreffen, denn viele tansanische Familien sind während des Jahres getrennt und fahren aus den Großstädten in ihre Heimatdörfer zu den Eltern und Großeltern.
Ein paar Tage vor dem Fest werden die Dekorationen aufgehängt, meist aus recycelten Materialien. Die schon zu Anfang des Jahres gekaufte Kuh oder Ziege, die während des Jahres sorgfältig gefüttert wurde, muss ihr Leben lassen für den traditionellen Weihnachtsbraten. In den Dörfern wird Bier aus Bananen oder Hirse gebraut.
Am Abend des 24. Dezember besuchen viele Tansanier die Kirche, ebenso am nächsten Morgen, dem eigentlichen Weihnachtstag. Dann findet auch die Bescherung statt; Kinder bekommen meist neue Kleidung, Bücher und einfache Spielsachen.
Krippenrelief aus Tansania mit zweifarbigem Holz, Geschenk der „Tansania-Hilfe Braunschweig“
Das Halbrelief zeigt die Krippenszene mit zwei verschiedenfarbigen afrikanischen Hölzern.
